Dr.
Alexander Lion
Lion wurde als zweiter Sohn von sechs Kindern einer jüdischen
Bankiersfamilie geboren. Zwischen 1876 und 1880 erhielt er häuslichen
Privatunterricht und besuchte danach das Gymnasium. Im Alter von 16 Jahren
verließ Lion die jüdische Gemeinde, lebte zunächst konfessionslos
und ließ sich später katholisch taufen.
Im Gymnasium erlernte er die französische Sprache und durch privaten
Zusatzunterricht die englische. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte
er 1891 bis 1896 an den Universitäten von Würzburg, Berlin und
Kiel Medizin.
Ostern 1893 trat er als Einjährig-Freiwilliger in das bayerische
Heer ein. Von 1904 bis 1906 diente er während des Aufstands der Herero
und Nama als Stabsarzt in Deutsch-Südwestafrika (jetzt Namibia).
Entgegen anderslautender Anschuldigungen ist eine Beteiligung am Massaker
an den Hereros widerlegbar.
1904 traf er in Südwestafrika erstmals auf seinen späteren Mitstreiter
bei der Gründung des deutschen Pfadfindertums, Hauptmann Maximilian
Bayer, ohne dass es jedoch zu einer freundschaftlichen Bindung kam.
Am 17. März 1908 wurde Lion beim Lesen der englischen Tageszeitung
Times durch den Artikel „Scouting as a sport“ (Pfadfinden
als Sport) auf den Gründer der Weltpfadfinderbewegung Robert Baden-Powell
aufmerksam.
Während einer einmonatigen Studienreise durch England
besuchte er 1909 in London für drei Tage Baden-Powell, der Lion zu
diesem Anlass mit dem Überreichen einer Pfadfinderlilie in die Pfadfinderbewegung
aufnahm. Im selben Jahr veröffentlichte Lion gemeinsam mit Maximilian
Bayer das Pfadfinderbuch, das ab 1911 unter dem Titel "Jungdeutschlands
Pfadfinderbuch" weitere Auflagen erlebte.
Im Februar 1912 beteiligten sich Bayer, Lion und von Seckendorff als Autoren
an dem von Elise von Hopffgarten herausgegebenen „Pfadfinderbuch
für junge Mädchen“.
Nach seiner Entlassung aus der Reichswehr 1920 arbeitete Lion ab 1921
als praktischer Arzt und Badearzt im Kurort Oberhof in Thüringen.
Er war zudem Inspekteur des Deutschen Roten Kreuzes im Bezirk Gotha. Von
1923 bis 1926 war er aktives Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei.
1935 wurden ihm aufgrund der Nürnberger Rassengesetze die Bürgerrechte
entzogen, nach denen er als Jude eingestuft worden war.
Auch während des Dritten Reichs erhielt Lion die Kontakte zu seinen
ausländischen Pfadfinderfreunden aufrecht. Die Gestapo fand 1938
nach dem Anschluss Österreichs in Wien Briefe von ihm an Emmerich
Teuber. Teuber hatte die nun belastenden Dokumente trotz Lions Bitte um
sofortige Vernichtung aufgehoben, die vor Kontakten zur Reichsjugendführung
und zur Hitler-Jugend warnten. Der Fund löste eine Verhaftungswelle
unter den Pfadfindern aus. Lion wird am 2. November 1938 von der Gestapo
in Schwarzlack/Brannenburg am Inn abgeholt und nach langen Verhören
am 19. November in die Gestapozentrale Berlin, Prinz-Albrechtstraße,
verbracht. Von dort kommt er im Februar 1939 in das Untersuchungsgefängnis
Berlin-Moabit und wird im Mai in das Untersuchungsgefängnis Neudeck
bei München zurückgebracht. Dort wird ihm gemeinsam mit Emmerich
Teuber und dem Mitstreiter H. Prohaska vor einem Sondergericht der Prozess
gemacht. Durch geschickte Prozessführung erreicht ihr Verteidiger
eine nur zehn monatige Haftstrafe wegen Landesverrats. Ab 1939 hielt sich
Lion in Kolbermoor (Oberbayern) auf (Gasthof Pullach), wurde aber 1942
von einem parteitreuen Mitbürger anhand einer entstellten Äußerung
denunziert, jedoch vom Kolbermoorer Bürgermeister persönlich
in Sicherheit gebracht.
Gleich nach dem Zweiten Weltkriegs, vom Sommer 1945 bis zum 15. Oktober
1949, wurde Lion Leiter des Kreisjugendamtes in Bad Aibling. Von dort
aus wirkte er am Aufbau des Bundes Deutscher Pfadfinder (BDP) mit, der
ihn im Oktober 1948 zum Ehrenpräsidenten ernannte.
Er wurde zum Motor für den Wiederaufbau der Pfadfinderbewegung, zunächst
in Bayern, aber mit Wirkung für ganz Deutschland. Mit seiner Hilfe
konnte zwischen dem 8. und 10. Juni 1946 das erste genehmigte Pfadfinderlager
der Nachkriegszeit im Isartal nahe München stattfinden. Im selben
Jahr wurde unter der Ehrenpräsidentschaft Lions in Bayern der Bund
Deutscher Pfadfinder gegründet. Im Juli und August desselben Jahres
fand ein Pfadfinderlager mit Gruppen aus Westdeutschland (München,
Köln, Hessen) am Chiemsee statt. Am 16. Oktober 1946 wurde vom Radio
München ein Vortrag Lions über die Pfadfinderbewegung verbreitet
Am 18. April 1947 wurde er zum Ehrenmitglied des neu gegründeten
Österreichischen Pfadfinderbundes ernannt.
Vom 3. bis 13. August 1951 nahm er am 7. World Jamboree
auf dem Gelände des ehemaligen Obersalzkammer-Golfklubs von Bad Ischl
(Österreich) teil. Im selben Jahr, am 15. Dezember, verlieh ihm der
Bundesfeldmeister des BDP, Kajus Roller, die goldene Rautenlilie.
Alexander Lion starb am 3. Februar 1962 auf Schloss Elmischwang. Er
wurde auf dem Friedhof von Fischach beerdigt.
AKTUELLES
(Stand:
05.05.2011
)